Von Frederik Hanssen
Träumen, ob bei Tag, des Nachts oder auch in der schützenden Dunkelheit des Zuschauerraums, ist ein Grundrecht der Kinder – das ihnen jedoch gerade von Künstlern immer öfter aberkannt wird. Im Kino wie im Kindertheater werden schon die Jüngsten gnadenlos mit der harten Welt da draußen konfrontiert, sollen reflektieren, interpretieren, dekonstruieren und dem gesellschaftlichen Verblendungszusammenhang stets direkt in die Augen schauen.
Die Choreografin Felicitas Binder macht da nicht mit. Wenn sie die drei Dutzend jungen Darsteller des Kinder- und Jugendballetts der Deutschen Oper eine Tschaikowsky-Gala von beachtlichem Niveau tanzen lässt, entfaltet sich eine Wunderwelt im Tutu.
Gemalte Kulissen evozieren die Atmosphäre von „Dornröschen“, „Nussknacker“ und „Schwanensee“, Diademe glänzen, Stoffblumen ranken sich über Rüschenroben, stramm sitzen die Fantasieuniformen. Da staunen die Kinder. Und die Erwachsenen wundern sich – weil sie so gründlich verlernt haben, romantisch zu glotzen.
Einen Verfremdungseffekt allerdings gibt es dann doch an diesem Abend: Die Musik kommt aus der Konserve, quillt in äußerst bescheidener Tonqualität aus den Boxen. Da meint man ihn ganz leise kichern zu hören, Bert Brecht, den alten Desillusionisten (wieder am 26. und 27. März in der Urania sowie am 9. und 10. April im Fontane-Haus).
http://www.tagesspiegel.de/kultur/kurz-und-kritisch/3986540.html